Familie und mehr: EKD-Spitze berät über brisante Themen

Zahnbürsten einer Familie

Foto: istockphoto/Anthony Brown

Vater, Mutter, Kinder? Die Zahnbürsten im Badezimmer verraten noch nicht, wie Familie aussieht.

Familie und mehr: EKD-Spitze berät über brisante Themen
Dem heißen Sommer folgt ein Herbst mit reichlich Gesprächsbedarf und wichtigen Weichenstellungen: An der Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland stehen Positionsbestimmungen zum Wert von Ehe und Familie und wichtige Personalentscheidungen an.
05.09.2013
epd
Rainer Clos

Nach der Sommerpause kommt der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an diesem Freitag erstmals wieder zu zweitägigen Beratungen zusammen. Für die 15 Mitglieder des Leitungsgremiums gibt es reichlich Gesprächsbedarf.

Neben dem Tagesgeschäft werden die Laien und Theologen in der Führung der EKD bei der turnusgemäßen Sitzung in Hannover noch einmal eingehend über das Familienpapier sprechen, das seit seiner Veröffentlichung im Juni in der Kritik steht. Weitere Themen, die den EKD-Rat beschäftigen dürften, sind für den Herbst zur Entscheidung anstehende Personalien sowie der Fortgang der Vorbereitungen zum 500. Reformationsjubiläum 2017.

"Ich hoffe, dass diese Veröffentlichung der EKD in Kirche und Gesellschaft zu Diskussionen und zum Weiterdenken einlädt", wünschte sich der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider im Vorwort der Orientierungshilfe. Dabei hatte er wohl kaum damit gerechnet, dass das kirchliche Positionspapier eine derart intensive Kontroverse auslöst. In dem Text "Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken" forderte der Rat der EKD, alle Familienformen zu stärken, und schloss dabei auch Patchworkfamilien und homosexuelle Partnerschaften ein. Diese Neupositionierung fand auch Beifall. Aber prominente Protestanten wie auch Katholiken kritisierten den Text, weil er in ihren Augen die traditionelle Ehe zwischen Mann und Frau entwertet und die Ökumene schwer belastet.

Schlechte Noten für Orientierungshilfe

Es sind keineswegs nur konservative Kreise in der evangelischen Kirche, die in der Schrift ein Bekenntnis zum Leitbild von Ehe und Familie vermissen. Auch aus den Reihen leitender Geistlicher in den Landeskirchen sowie von emeritierten Bischöfen erhielt das Papier schlechte Noten. Von einigem Gewicht dürfte sein, dass der hannoversche Bischofsrat, das Leitungsgremium der größten der 20 Landeskirchen, in dem Papier eine "vertiefte theologische Reflektion" zum Thema Ehe und Familie vermisst.

In welcher Form die EKD auf die Kritik zu reagieren gedenkt, dürfte bei den Beratungen des Rates ein zentrales Thema sein. Dabei ließen sowohl der Ratsvorsitzende Schneider als auch sein Stellvertreter, Landesbischof Jochen Bohl, in den zurückliegenden Tagen erkennen, dass ergänzende Texte ein Weg seien, um auf die Einwände einzugehen. "Ich kann mir vorstellen, dass die theologische Klärung, was Ehe ist, noch einmal gründlicher vorgenommen wird. Das können wir besser, als es in der Orientierungshilfe gelungen ist", räumte der sächsische Bischof Bohl in einem Zeitungsinterview ein. Erwogen wird auch ein Symposium, bei dem es zeitnah um die Fundierung des vielfach als theologisch schwach eingestuften Familienpapiers gehen könnte.

Friedrich und Tietz scheiden aus

Für weiteren Beratungsbedarf sorgt die Ankündigung von zwei Ratsmitgliedern, aus dem EKD-Leitungsgremium auszuscheiden. Für die Plätze des bayerischen Altbischofs Johannes Friedrich und der Theologieprofessorin Christiane Tietz werden auf der EKD-Synode im November Nachwahlen fällig. Dabei liefert vor allem die Nachbesetzung des Sitzes von Friedrich mit einem leitenden Geistlichen, die für Kontinuität über die 2015 endende Ratsperiode hinaus sorgen soll, Anlass für weiterführende Spekulationen.

Sollte die Wahl auf den eloquenten bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (53) oder seinen ähnlich theologisch wie rhetorisch profilierten hannoverschen Kollegen Ralf Meister (51) fallen, die beide an der Spitze mitgliederstarker Landeskirchen stehen, dürfte das bereits als Vorentscheidung über den Ratsvorsitz nach 2015 gewertet werden. Gut möglich, dass solch eine Weichenstellung bewusst vermieden wird, und der Sitz für die nächsten zwei Jahre zunächst an den Nordkirchen-Bischof Gerhard Ulrich (62), die mitteldeutsche Bischöfin Ilse Junkermann (56) oder den hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung (53) geht, denen allesamt wenig Ambitionen auf den Ratsvorsitz nachgesagt werden.

Neuer Militärbischof gesucht

Als offen gilt, ob der EKD-Rat bereits für die Personalie Militärbischof eine Lösung parat hat. Martin Dutzmann, der bisherige Amtsinhaber und Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, wird am 1. Oktober in Berlin neuer Bevollmächtigter der EKD bei Parlament und Regierung sowie der Europäischen Union. In der Vergangenheit übte häufig ein leitender Geistlicher einer Landeskirche in Personalunion das Amt des Militärbischofs aus. Für den neuen evangelischen Militärbischof dürfte gewiss ein erstes Thema sein, dass noch eine friedensethische Einordnung zum Thema Afghanistan bevorsteht.

Nachwahlen zum EKD-Rat

Der EKD-Rat ist das einer Regierung vergleichbare Leitungsgremium. Von den 15 Mitgliedern werden 14 vom Kirchenparlament (der Synode) und der Kirchenkonferenz gewählt, in dem die 20 Landeskirchen vertreten sind. Die jüngste Wahl erfolgte 2009, die sechsjährige Amtszeit endet 2015. Ratsvorsitzender ist seit 2010 Nikolaus Schneider. Im Rat sind Laien und leitende Geistliche aus den Landeskirchen vertreten.

Von den 2009 gewählten Geistlichen wird dem neuen Rat nach 2015 vermutlich keiner mehr angehören, weil ihre Amtszeiten in den Landeskirchen bereits ausgelaufen sind oder bis dahin enden. So wurde auch der 66-jährige Schneider vor einigen Monaten als rheinischer Präses verabschiedet. Bei der Synode im November in Düsseldorf sind die Plätze des bayerischen Altbischofs Johannes Friedrich und der Theologieprofessorin Christiane Tietz vorzeitig neu zu besetzen.

Qua Amt gehört die Synodenpräses Katrin Göring-Eckardt dem EKD-Rat an. Sie lässt ihre kirchlichen Ämter derzeit ruhen, weil sie für die Grünen als Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl antritt. Nach der Wahl am 22. September wird sich entscheiden, ob Göring-Eckardt ihr Präsesamt wieder ausübt. Sollte sie zur Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Bundestag gewählt werden oder in ein Ministeramt wechseln, dürfte es auch an der Spitze der EKD-Synode einen Wechsel geben.