Der #aufschrei zu Brüderle, Herrenwitzen und Sexismus

Foto: dpa/Britta Pedersen

Die sexistischen Äußerungen von FDP-Mann Rainer Brüderle schlugen hohe Wellen.

Wie sich der #aufschrei auf Twitter und im Netz verbreitete

Die Geschichte von Laura Himmelreich im Stern zu den Annäherungsversuchen von Rainer Brüderle, abends an der Hotelbar, hat einen Aufschrei auf Twitter erzeugt. Dort bricht sich eine Debatte über alltägliche sexistische Übergriffe Bahn, die offenbar zu lange verborgen lag. Über Herrn Brüderle geht das schon längst hinaus.

25.01.2013

evangelisch.de

Hanno Terbuyken

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Warum uns das 2013 wichtig war: Der #Aufschrei, der im Januar nach den Herrenwitzen des Rainer Brüderle durchs Netz ging, ist schon fast wieder vergessen. Das Problem aber nicht. Damals trauten sich viele Frauen mit ihren Geschichten von Alltags-Sexismus an die Öffentlichkeit. Es war eine Gelegenheit, eine systematische Diskriminierung zu beleuchten. Dieses Licht müssen wir immer wieder einschalten - denn die Diskriminierung gibt es immer noch, und das Unverständnis mancher Männer dafür leider auch.

- Hanno Terbuyken, Portalleiter von evangelisch.de

View the story "Der #aufschrei zu Brüderle, Herrenwitzen und alltäglichem Sexismus" on StorifyDer #aufschrei zu Brüderle, Herrenwitzen und alltäglichem SexismusDie Geschichte von Laura Himmelreich im Stern zu den Annäherungsversuchen von Rainer Brüderle, abends an der Hotelbar, hat einen Aufschrei auf Twitter erzeugt. Dort bricht sich eine Debatte über alltägliche sexistische Übergriffe Bahn, die offenbar zu lange verborgen lag.Storified by · Fri, Jan 25 2013 05:39:16Auslöser des Aufschreis ist die Geschichte "Der Herrenwitz" im Stern, die das Magazin nur in der Printversion veröffentlicht - online gibt's aber die Vorankündigung:
Rainer Brüderle: Der spitze Kandidat - Politik | STERN.DEPrüft gern mit fachmännischem Blick, ob Journalistinnen ihr Dirndl auch ausfüllen können: FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle © Christian... Die Kurzfassung: Bei einem abendlichen Gespräch an einer Hotelbar wird Brüderle anzüglich bis aufdringlich, während die Journalistin darauf gerne verzichten würde. Ein klarer Grenzübertritt, der sich offenbar nicht nur einmal zugetragen hat. In den Kommentaren zu der Geschichte gab es manche Häme für die Journalistin. Der Rest der Männerriege in der FDP hält das in der "Bild" alles für eher harmlos,
Wirbel um Stern-Artikel über Rainer Brüderle, FDP ist sauerIn einem Portrait wirft eine junge Journalistin dem FDP-Spitzen-Mann Aufdringlichkeit vor Vergrößern "Der Herrenwitz" - so berichtet der ...die einzige FDP-Frau, die da zu Wort kommt (Silvana Koch-Mehrin) allerdings nicht. "Das Thema ist größer als die FDP", sagt sie, und Twitter gibt ihr dabei Recht. Wer heute dem Hashtag #aufschrei folgte, dem musste sämtliches Abwiegeln im Halse stecken bleiben.
Der Schwimmlehrer, der alle Mädchen im Kurs zur Begrüßung auf den Mund küsste - die jeweils jüngste mit Zunge #aufschreikathyDass ich beim Anziehen nicht frage: "Fühle ich mich darin wohl?", sondern: "Ist der Auschnitt okay oder werde ich angemacht?" #aufschreiKati KürschDer Mann, der mir mitten im Supermarkt Geld für Sex bot, und mich bis vor meine Haustür verfolgte. #aufschreiteresa m. bücker"Du hast so schöne Beine - wie wär's, wenn du sie für mich breitmachst?" Ich:"Hau ab!" Oberschenkeltätscheln. "Wer nicht will.." #aufschreiJulia ProbstDer Kunde, der meinte, das ich ja ein "hübsches Ding" wäre und schon wissen würde, was ich für seine Unterschrift machen müsse. #aufschreiGöttin!der Kollege, der sich von hinten über mich beugt, mit seiner Brust meine Schulter berührt, um auf meinen Bildschirm zu schauen. #aufschreiIvyBridgeauf einem straßenfest in kreuzberg. typen greifen mir von hinten zw. die beine, als ich mich umdrehe, will es keiner gewesen sein #aufschreiJana JukeboxAll die Typen, die sich wie zufällig in der Schlange im Supermarkt/im Bus/überall an mich drücken, weil es so eng ist. #aufschreiNinia LaGrande"Ach komm Junge, du stehst doch nur auf Männer, weil dir noch keine ordentliche Frau untergekommen ist." #Aufschrei Kili.Leider sind Sexismus und Übergriffigkeit auch der Kirche nicht fremd.
Gemeinerätin fragt nach Vortrag in anderem Teil Deutschlands:Wie fanden sie meine Pastorin(fachl.)?Er so:Sie hat schöne Beine #aufschreiKrizzyAlbernAber am ekligsten war eigendlich der Pfarrer auf der Konfirmanden-Freizeit. Das passt aber nicht in 140 Zeichen! #aufschreiGhislaine von BunsenDen #aufschrei-Stream zu lesen ist wirklich keine Freude. Es sind meistens Männer, die übergriffig werden. Einzelne Beispiele von Frauen gibt es in #aufschrei auch:
Die Bewerberin, die beim Vorstellungsgespräch in der Firma meines Freundes "versehentlich" ihre Brüste aus der Bluse fallen lies.#aufschreiAnke Julie MartinKollegin: "Wir bräuchten ja noch ein paar leckere Kerle hier in der Abteilung" #aufschreiManuelAber wenn Männer die Übergriffigkeit einfach lassen würden, wären die große Mehrheit der #aufschreie gar nicht passiert.
Die erste Regel zur Vermeidung sexueller Übergriffe: Werde nicht sexuell übergriffig. #aufschreiChristophÜbrigens können wir als Männer schon etwas tun, um das zu ändern, was zu #aufschrei führt. Wenn wir nur wollen. http://bit.ly/SSJb3HWolfgang LünenbürgerDabei ist klar, dass es bei #aufschrei nicht darum geht, die normale soziale Interaktion zwischen Männern und Frauen zu verhindern. Es geht darum, dass dabei zu oft Grenzen überschritten werden, die entweder nicht erkannt oder bewusst verletzt werden. Und zwar regelmäßig, dauerhaft und immer wieder.

Einige Bloggerinnen haben #aufschrei aufgenommen und ihre Erfahrungen und Gedanken in mehr als 140 Zeichen gesetzt. Wie Nina LaGrande, die ganz deutlich sagt, wo diese Grenze liegt: "Ich fühle mich wohl, wenn mich jemand kurz oder bewundernd anschaut. Das Wohlfühlen hört auf, wenn Menschen das als Einladung zum Starren oder gar Reden aufnehmen."

◊ NINIA LAGRANDE ◊: "BÖSES MÄDCHEN."In der In der Geschichte um Rainer Brüderle geht es nicht um Rainer Brüderle. Es geht darum, dass ich jedes Mal, wenn ich abends/nachts n...Und sicher ist es so, dass jeder Mensch diese Grenzen für sich anders zieht - dass manche Frauen aggressiver schäkern als andere, dass manche Männer mit dummen Sprüchen ankommen, und flirten nicht verboten ist, wie Katrin Hilger differenziert betrachtet.
Ein #aufschrei auf TwitterZum Hashtag #aufschrei heute ein paar Gedanken von mir. Jede Frau kennt die Situationen, in denen sie sich ärgert, eine Frau zu sein. Sie...Aber jeder hat Grenzen dessen, was für ihn oder sie noch akzeptabel ist. Manche davon sind klar erkennbar: Jemandem ungefragt an den Hintern oder die Brüste zu fassen ist nie okay. Jemanden als Schlampe/Schwuchtel/Bitch/Schwanzlutscher zu bezeichnen ist nie okay. Einer Frau aus dem Autofenster zuzurufen "wieviel?" ist nie okay.

Einige wenige Männer sind offensichtlich unbelehrbar, halten Sexismus für vorgeschoben und zeigen das auch öffentlich auf Twitter...
.@FrauBe Ich steh eben drüber und beschwere mich nicht wegen sexismus. Es gibt wichtigeres im Leben. Vieles unter #aufschrei ist heuchelei.Dennis MauserWarum wird eigentlich in letzter Zeit ständig gegen Männer geschossen? Feminismus, Sexismus, Aufschrei. W-T-F.Timo A. Hummel...stehen mit dieser Meinung aber relativ alleine da:
Was ist das für ne Gesellschaft, in der manche Männer denken, es sei okay, wenn Frauen in ständiger Abwehr leben? #aufschreiOliver OlpenLiebe Männer*, bei #Aufschrei geht es nicht darum "euch alle zu verteufeln" sondern alltägliche Erfahrungen in Masse sichtbar zu machen.MinaEs geht nicht um Frauen oder Männer. Distanzlosigkeit, Dummheit und Grenzüberschreitungen haben kein Geschlecht. #aufschreiMirko K.Hier ein Tweet für alle Kerle, die meinen die Aktion #aufschrei in Lächerliche ziehen zu müssen: ARSCHGEIGENDr. Dauni, ObermachoUnd dann sei zu guter Letzt noch erwähnt, dass sich die Aktion "Hollaback!" (berlin.ihollaback.org) schon seit einiger Zeit mit dem Thema "street harassment" befasst, unter anderem auch in Berlin. Der #aufschrei auf Twitter hat das Thema jetzt aber in den Mainstream gespült, und dabei geht es dann auch nicht mehr nur um Herrn Brüderle und altbackene Politiker, sondern um den ganz normalen Alltag, den Frauen und Männer in Deutschland erleben. Wenn da dann am Ende auch bei Herrn Brüderle mehr Respekt im Umgang mit jungen Frauen herauskommt, wäre das ja auch ganz schön. Aber wenn nur die Spitze des Eisbergs abschmilzt, ist der Rest immer noch da. Dank #aufschrei wird dieser Rest jetzt sichtbar - zunächst auf Twitter. Vielleicht regt es den ein oder anderen dazu an, nicht nur zu denken "das war jetzt aber grenzwertig", sondern es auch zu sagen. Ein echter Aufschrei eben.
30min #aufschrei gelesen. Nur schwanke ich zwischen einer Sauwut und tiefer Traurigkeit und Scham.Wolfgang Lünenbürger