Bielefeld (epd). Der Extremismusforscher Andreas Zick sieht in den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus eine Stärkung der Demokratie. Dass die Kirchen, Richter und die Unternehmen, die länger still gewesen seien, nun die Proteste begleiteten, zeige zudem, dass dies kein Strohfeuer sei, sagte Zick am Sonntag in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das sei der Versuch, die Brandmauer gegen Extremismus und Populismus wieder zu kitten.
Der Wissenschaftler verglich die Proteste mit den Lichterketten gegen Rechtsextremismus in den 1990er Jahren. Diese hätten auch langfristige Auswirkungen gehabt. Die Demonstrationen sollten nicht danach bemessen werden, ob sie in die AfD wirkten. "Das Ziel des breiten Bürgerbündnisses ist es, das Programm und die Ziele der Partei infrage zustellen und die Gefahr für die Demokratie kenntlich zu machen", sagte der Leiter des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld.
Der breite Protest kann nach Worten Zicks allerdings auch zweifelnde AfD-Sympathisanten erreichen. Besonders diejenigen, die sich selbst in der AfD als bürgerlich verstehen, könnten angesichts des breiten Bündnisses auf den Demonstrationen in Bedrängnis kommen, ihre harten Einstellungen aufrechtzuerhalten. Die Protestmärsche übten "mehr Druck auf AfD-Anhänger aus, als der Spitze der Partei lieb ist und sie zugeben mag".
Die AfD sei viel stärker gespalten als sie erscheine, sagte der Extremismusforscher weiter. Der Protest habe beim rechtsextremen Flügel der AfD zu Abwehrreaktionen geführt. Dieser Flügel werde sich wahrscheinlich noch weiter radikalisieren. Die trumpähnlichen Äußerungen des AfD-Politikers Björn Höcke, dass es Demonstrationen von Nazis seien, zeigten, wie weit sich die Extremisten von der Realität wegbewegen würden.
Die Enthüllung eines großen faschistischen Planes durch das Recherchenetzwerk "Correctiv" habe zur Rückkehr zu demokratischen Grundnormen geführt, sagte Zick. Aufgabe der Politik müsse es nun nach Monaten des Streits, etwa um den Haushalt, sein, wieder die Frage der Demokratieförderung und der nationalen Strategie gegen Extremismus "ganz nach oben auf die Agenda zu setzen".